Mittwoch, 14. November 2012




Kaffee mit Karen. Am Tag nachdem der Container kam, hatten wir die außergewöhnliche Gelegenheit zu den Karen in die Berge zu fahren und dort eine Kaffeeplantage zu besichtigen. Obwohl wir uns natürlich eigentlich lieber in unsere Kisten gestürzt hätten (die Kinder hatten dies längst getan, es sah bei uns aus, als sei eine Playmobilbombe explodiert!), wollten wir nicht absagen.
So oft werden wir diese Gelegenheit, samt privater Führung nicht bekommen. Bin jetzt auch Kaffeeexpertin, aber davon später.
Mit fünf Familien und vier Autos machen wir uns auf den Weg, südlich von Chiangmai hoch in die Berge. Die Abzweigung zum höchsten "Hausberg" der Stadt, dem Doi Inthanon lassen wir rechts liegen und fahren weiter bis....
Die Straße ist gar nicht so schlecht. Ich hatte mir den Weg abenteuerlicher vorgestellt.








Das Bergdorf, in das wir fahren wird von den Karen bewohnt. Und von einer belgischen (?) Missionarsfamilie, die dort die Leitung der Plantage innehat und sich um viele Aspekte der Bauern dort kümmert, hauptsächlich aber eine "Sonntagsschule" betreibt.








Die Karen sind der größte der in Thailand lebenden Bergstämme und sind aus Burma eingewandert.
Sie haben eine eigene Sprache, die, das ist einzigartig für die Bergstämme auch eine Schrift für ihre Sprache haben. Die Karen sind Animisten, ihre ursprüngliche Lebensweise bestand in der "wandernden Landwirtschaft" Wenn die Felder keinen Ertrag mehr gaben, zogen sie weiter, rodeten Wälder und legten neue Felder an. Bei Fortführug dieser Tradition, gäbe es vermutlich längst keine Wälder mehr im Norden Thailands. Die Regierung zusammen mit der königlichen Familie bemüht sich darum den Karen Alternativen aufzuzeigen um den Raubbau an den Wäldern zu beenden. Früher lebten die Karen auch gut vom Mohnanbau und betrieben regen Opiumhandel mit China, aber das geht ja nun nicht mehr. Obwohl es hoch oben noch Anbaugebiete geben soll.








Wie ihr auf den Bildern vielleicht erkennen könnt, sind die traditionellen Häuser auf Pfählen und aus Holz oder Bambus gebaut. Es gibt aber auch Steinhäuser, der zu Wohlstand gekommenen Dörfler. Ob diese in diesen klimatischen Bedingungen die besseren Häuser sind, sei dahingestellt. Teilweise. Gegen die Hitze sind die Holzhäuser besser, aber in den Bergen wirde es auch sehr kalt. Die offene Feuerstelle gibt es in den Steinhäusern aber nicht, ebenso wenig eine Heizung. Wer soll das bezahlen?


Das Leben findet in der Hauptsache auf der überdachten Veranda statt. Dort essen wir auch nachdem wir angekommen sind bei der Missionarin M.
Ganz Thaistyle serviert sie uns das Essen auf Bambustabletts und wir setzen uns auf den Boden. Der neue Praktikant oder whatever aus Europa setzt sich aber leider nicht Thaistyle in die Hocke oder den "Meerjungfrauensitz", wie es sich auch im Tempel vor dem Bildnis des Buddhas gehören würde, sondern mit seinen ungewaschenen Stinkefüßen direkt neben den Reis. Das finde ich so eklig. Aber er ist erst eine Woche da. Dieser Farang!








Unser erster Besuch in den Bergen ist wirklich restlos beeindruckend. Die alten Holzhäuser zu sehen, neben den neuen und die Dörfler ist sehr interessant!







Bei diesem Gefäß handelt es sich um einen mit Wasser gefüllten Tontopf, mit Schöpfkelle daneben. Früher vor jedem Thaihaus aufgestellt, zur Erfrischung der Reisenden und Gäste. In dem Tongefäß bleibt das Wasser sauber und kühl. Grossartig!


Auf der Terasse von M. ist ein Webstuhl angebracht. Als solcher gar nicht so schnell zu erkennen, weil er so unglaublich unauffällig und praktisch am Geländer angebracht ist. Die Karenfrau zeigt mir freundlicherweise, wie sie es macht. Sie setzt sich auf den Boden, spannt sich selbst in so eine Art Geschirr, damit sie Halt hat am unteren Rücken und stützt sich auch mit den Füssen gegen einen Widerstand. So gewissermaßen selbst eingeschirrt, beginnt sie die unglaublich dünnen Fäden mit den Schiffchen hin und her zu lenken.










Das Stück an dem sie gerade arbeitet hat noch keinen Käufer. Jetzt hat es einen. Es wird mich, wenn es fertig ist umgerechnet 10 Euro kosten, was mir lächerlich wenig vorkommt. Doch ich muss mich auf M. verlassen. Für jetzt und hier ist das vermutlich ein fairer Preis und für die Karenfrau ist es wichtig überhaupt zu verkaufen. Außerdem kaufen wir noch Bioerdnußbutter und Marmelade.
Wenn man das in Deutschland verkaufen könnte! Es schmeckt so gut. Aber dafür ist die Produktion zu klein und die Transportwege zu weit. Wir kaufen von nun an auf Bestellung, Kaffee, Erdnussmus und Marmelade. Die befreundete Missionarin bringt uns die Sachen mit. Einmal die Woche fährt sie in das Bergdorf.

Hier könnt ihr sehen, wie M. lebt. In ihrem Haus verbinden sich die Segnungen der Zivilisation (Kühlschrank und Herd) mit der traditionellen Feuerstelle.



Die "gute Stube"



Küche und Spüle außerhalb des Hauses, wie üblich



Ein grosses Problem der Bergbauern ist, das sie abgeschnitten von den Städten ein einfaches, ländliches Leben führen müssen, wenn sie in ihrem Lebensraum bleiben wollen. Gleichzeitig ernährt es sie nur schlecht und durch das Fernsehen, das viele haben (kein Haus ohne Satellitenschüssel !), sehen sie all die materiellen Dinge, zu denen sie überhaupt keinen Zugang haben. Das schürt Unzufriedenheit. Viele gehen in die Stadt, zum arbeiten, wo sie gnadenlos ausgenutzt und betrogen werden.











Die Bergstämme sind unter den Thai sehr schlecht angesehen. Unsere Putzfrau warnt uns jedesmal, wenn Arbeiter aus den Bergen im Moobaan sind, wir sollten ja das Haus gut abschließen etc. Es herrschen Mißtrauen und Geringschätzung wie vor annodazumal ( ach,wenn es doch vorbei wäre) gegen Zigeuner. Gleichzeitig und das ist das ganz grosse Dilemma haben die Bergstämme keinen Zugang zu besserer Bildung. Ihre Dorfschulen haben nicht das Niveau das ihnen Zugang zu irgendeiner Form von Weiterbildung ermöglicht. Das Dilemma ist gross. Es wäre besser sie könnten ihr traditionelles Landleben in ihrer gewohnten Umgebung weiterführen. Aber wie können sie Zugang zu Bildung und Auskommen erhalten?
Die Kaffeeplantage ist ein Versuch dieses Dilemma zu lösen. Ich würde gern Werbung machen: Kauft Kaffee x. Aber noch gibt es keinen Vertrieb in Deutschland. Vielleicht bringt die Zukunft Glück und allerbesten Kaffee, wie ich Euch versichern kann!

Mehr über den Kaffe schreibe ich beim nächsten Mal, liebe Freunde.
Nur Mut es geht schon gut
Eure Tina

Mittwoch, 31. Oktober 2012







Schlangen. Mein Sohn kommt nach Hause und erzählt, die Mutter seines Kumpels hätte eine fünfköpfige Schlange mit einem Beil erlegt.
Nun dieser Geschichte muss ich nachgehen. Beim Kirchenkaffee spreche ich sie darauf an. Und wirklich, das Tier hatte zwar keine fünf Köpfe, wenngleich einen. Dafür gehörte dieser eine Kopf aber zur einer Königskobra. Ja, KÖNIGSKOBRA.
Die gibt es hier tatsächlich und in echt. Aber zum Anfang der Geschichte.

Vor einem Monat haben wir in den Bergen direkt vor Changmai, in Mae Rim, etwa eine Stunde Fahrt, eine Schlangenfarm besucht. Das war wirklich gruselig, aber nicht wegen der Tiere.
Es ist alles dreckig und nur sehr wenige Leute haben sich dorthin verirrt. Wir gehen durch einen dschungelartigen Garten (alles drumherum ist Dschungel) an verschiedenen Käfigen mit verrosteten, teilweise nicht geschlossenen Vorhangschlössern entlang (!) und besichtigen verschiedene Schlangen, Krokodile,Vögel, etc.. Das Futter wird gleich mit ausgestellt hat man den Eindruck.




 Dann beginnt die "Show". Die läuft alle 10 Minuten (gefühlt) und findet auch nur für zwei Leute statt. Routiniert und extra schnell wird eine Moderation auf englisch heruntergespult und drei Akteure in Thaihosen und nacktem Oberkörper führen uns ihre Schlangenbeschwörung vor. Ein Höhepunkt jagt den nächsten (das ist ironisch gemeint).
Jeder der Anwesenden kann sich mit einer grossen Würgeschlange um den Hals fotografieren lassen und darf diese küssen. Zwei Kobras werden vorgeführt und die kleinere hat sogar noch ihre Giftzähne, wie man uns anhand einer Becherprobe beweist. Zum absoluten Entsetzen meiner kleinen Tochter kommt auch noch das Highlight mit der Gummischlange, die ins Publikum geworfen wird, "the jumping snake"! Wir hatten unsere Kinder extra vorgewarnt, aber wenn es dann passiert ist es doch blöd.
Am Besten finde ich folgendes Schild.





Wir sind bedient und suchen unser Heil ein paar Meter weiter in der Orchideenfarm: Ruhe. Frieden. Wunderschöne Blumen. Ach, endlich.








Zwei Wochen später höre ich in der Schule alle Schlangenfarmen auf Mae Rim seien von der Polizei geschlossen worden, wegen unerlaubten Wildtierhaltens und - handelns. Die haben sich ihre Tiere wirklich in den hauseigenen Bergen gefangen und dort mehr schlecht als recht gehalten.









So komme ich zur Geschichte der Fünfköpfigenschlangenmörderin!
Die Familie lebte damals noch in Chiang Rai, einer kleineren Stadt im ländlichen Gebiet nahe der Grenze. Dort hatten sie einen Garten und eigenen Acker den unsere Heldin (das ist nicht ironisch gemeint) routiniert mit der Hacke bewirtschaftete. Sie sah das Tier auf dem Boden liegen und weil es so gross war, fragte sie zur Sicherheit ein paar Thaijungs um Rat. Uihh ja, bestätigten diese, das sei wirklich eine Kobra! Von den Jungens wollte keiner die Schlange töten, also ging Muttern erst einmal die Gartenhacke holen, schlich sich von hinten an (von vorne wäre es nicht gegangen. Wenn die Schlange sich bereits angegriffen gefühlt und aufgestellt hätte, hätte nur noch eins geholfen:  die Beine in die Hand nehmen: "take a picture and ruuuun!!!!!").


Sie erledigte das Tier mit zwei geübten Schlägen. Den Kopf haben sie vergraben, damit die Hunde sich nicht vergiften und den Körper hat sie den Jungs mitgegeben, der kam zuhause in die Suppe.
Das Landleben eben.
Auf so eine grosse Giftschlange zu stossen ist außerhalb der Berge wirklich unwahrscheinlich. Und bei uns im Moobaan ohnehin. Bei uns gibt es keine wilden Freiflächen oder Reisfelder. Hätten wir ein Grundstück am Rand, sähe es schon wieder anders aus, aber wir leben (und das mit voller Absicht) in der Mitte. Aber in den anderen Moobaaans, die ein bisschen wilder und ursprünglicher bewachsen sind, gibt es häufiger Schlangen. Aber seltener die giftigen.
Toll, oder? Das sind doch mal Themen beim Kirchenkaffee!






Nur Mut es geht schon gut!
Eure Tina

Sonntag, 21. Oktober 2012





Im Moment passiert irgendwie alles gleichzeitig! So komme ich gar nicht mehr an den Computer. Der Container ist da. Kaum zu glauben.
Als mir aus der xten Kiste endlich mein Wasserkocher entgegenkam, habe ich ihn geküsst. Nicht so wie der Papst den Boden. Richtig, mit Gefühl. Wange an Wange standen wir noch ein bisschen in der Küche.
Wieder eine komische Geschichte. So ein seltsamer Gefühlszustand. Obwohl wir so gewartet hatten, konnte ich mir kurz bevor es dann wirklich passierte, nicht mehr vorstellen, dass er tatsächlich kommt. Trotz der Zollliste wussten wir auch gar nicht mehr, was wir an Möbeln verschifft hatten. Es hieß dann immer Kommode? Welche Kommode, soviele hatten wir doch gar nicht! Am Ende haben wir  dann alles wieder erkannt.
Am Donnerstag sollte unser Container kommen. Am Mittwochnachmittag rollt in unsere Strasse ein Lkw mit Container und hält genau vor unserem Haus! Das ist in den ganzen drei Monaten noch nicht passiert, dass hier irgendjemand irgendetwas geliefert bekommt und dann direkt bei uns! Ich habe erstmal nach meinem Mann gerufen:" J. komm mal schnell!"
Leichte Panik machte sich breit. Wir hatten nämlich gar keine Zeit. Wir mussten gleich weg.
Die Lieferanten guckten schon ganz belustigt und winkten uns freundlich, die wir da an der Scheibe klebten! Aber sie zeigten auf unseren Nachbarn und J. sagte, nein das ist kein Überseecontainer, der da hat eine Seitentür. Was für eine Aufregung!
Am Tag der Tage kam dann erstmal unser Vermieter mit seinen Leuten, um seine Möbel abzuholen, damit wir für unsere Kommoden (?!) Platz hätten. Der ist noch nicht vom Hof, da kommen sie endlich!  Fahren rückwärts in unsere Einfahrt, knapp an der Mauer vorbei, während unser Vermieter daneben steht. Ohne Worte.








Dann geht es los Kiste für Kiste, Möbel für Möbel. Beim Rumräumen sehe ich eine Spur, die ich für Schmutz halte, aber mein Vermieter erkennt den Weg gleich richtig: eine Termitenstraße! Davon dann beim nächstenmal.



Einerseits freut man sich total, andrerseits wird es damit  zur Gewissheit: man kann nicht mehr so tun, als wäre man nur in einem zu lang geratenen Urlaub. Wenn sogar schon meine Sachen jetzt alle hier sind. Dadurch wird es so real, dass wir jetzt für drei Jahre bleiben. Das ist nicht nur ein schönes Gefühl. Das ist so wie Vieles an diesem Abenteuer restlos zwiespältig. In den folgenden Tagen packe ich dann den ganzen Kram wieder aus und denke schon daran, dass ich in drei Jahren alles wieder einpacken muss. Wie schaffen dass die Bundeswehr-, Missionarsfrauen, Diplomatinnengattinnen etc. Wie schaffen die das alles? Chapeau meine Damen! Schwestern im Haushalt und im Geiste. Möge der Humor immer mit euch sein.




Darauf den ersten richtigen Latte Macchiato!

Nur Mut es geht schon gut!
Eure Tina