Es sind Ferien! Unfassbar aber wahr, wir haben schon die erste "Etappe" erreicht. Die Herbstferien. Eine Woche Freizeit und immer noch fühlt sich alles an, wie ein zu lang geratener Urlaub. Jeder steuert zwei Ferienwünsche bei, was denn alles unternommen werden soll. Die Kinder wollen zum Pool (ach ja, schon wieder! und mit der ganzen Familie Ball spielen- gerne!). Fünf Personen wollen in drei verschiedene Restaurants! Da müssen wir uns schon ranhalten, bei nur sieben Tagen, die uns zur Verfügung stehen. Ich möchte zum Ban Tawei, ein touristisches Dorf für Kunsthandwerk und Nippes. Die Touristen sind ja noch nicht da, deshalb ist es leer als wir diesen Ausflug schaffen.
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Thaigartenzwerg |
Die Kinder maulen, ich bin ein bisschen unbefriedigt: ich finde kein Schuhregal! Stattdessen kaufen wir für M. Holzblumen ( sehr europäisch) und für L. und den Rest zwei Tibetliegenpolster (keine Ahnung, wie die Dinger heißen, dreieckig und sehr genial bequem).
Danach wagen wir uns in ein echtes Thairestaurant, wo wir (Huch) zum ersten Mal nicht so freundlich willkommen geheißen werden. Anscheinend stören wir. Dabei bestellen wir artig echtes Thaiessen, nur eben nicht so scharf, aber man darf ja nicht verschweigen, dass die Thaikinder auch nicht vom ersten Babyschrei an scharf essen, sondern sich bis zum Grundschulalter hauptsächlich von Süßigkeiten und Klebreis ernähren und dann erst langsam beginnen, das scharfe Essen ihrer Eltern zu teilen. Also. Was machen wir falsch? Wir wissen es nicht und werden es wohl auch nicht erfahren. Außer M., die klein und niedlich ist kommt keiner so richtig gut an.
Hallo, wir sind doch keine doofen Touristen, ich spreche doch sogar schon ein bisschen Thai! Sogar schreiben und lesen lerne ich jetzt, seht her :
Das ist so toll! Ich male die Buchstaben, mit heraushängender Zunge, meine Lehrerin lacht sich halbtot und jetzt weiss ich, wie sich mein Sohn in der zweiten Klasse fühlt, während er die "Schulausgangsschrift" bewältigt. Ein bisschen wie ein Ufo im Nachtflug. Aber herrlich, schaurig schön! Es macht wirklich Spaß mit diesen Kringeln zu kämpfen, die sich auch noch teilweise erschreckend ähneln, aber natürlich wie beim Sprechen auch, grundverschiedene Dinge bedeuten.
Bevor ich mich diesen Aufgaben stellen muss, bekomme ich immer einen Cappuccino! Nett nicht!
Das Beste zum Schluß:
Der Ferienwunsch von H. ist: endlich zur Elefantenfarm! Kein Problem. Wir muckeln lange rum, weil das Wetter nicht gut genug ist, aber wenn nicht heute, wann dann? Also los. Eine gute Stunde Fahrt quer durch die Stadt und den Berg hoch und dann sind wir da: Geschlossen.
Nein, nicht ganz geschlossen. Ein einsamer Elefant reitet noch- Quatsch.
Für die "Show" die ganz nett sein soll, sind wir zu spät (mittags um 14:00 Uhr), aber wir können noch eine halbe Stunde reiten? Wollten wir das überhaupt? Besonders ich, die doch immer noch Probleme mit dem Fuß hat, nachdem ich letztes Jahr vom Pferd fallen musste? Wenn der Elefant durchgeht? Was breche ich mir dieses Mal? Zum Überlegen kommen wir gar nicht. Eine sehr nette, ein bisschen resolute Thailänderin ( Touristguide? ) schleppt uns rein und organisiert schnell für uns noch eine halbe Stunde. Wir natürlich gleich wieder mißtrauisch, will die jetzt Geld, schleppt die uns woanders hin? Aber wir sind hier nicht in Bangkok! Sie ist einfach nur sehr nett und wir steigen auf zwei Elefanten! Das ist schon mal gut, Elefanten sollen nämlich gar nicht so schwer tragen s.u..




Es ist wirklich schön und zwischendurch etwas furchterregend. Dieses Tier ist so hoch! Und schaukelt! Und wenn es bergab geht, dann aber steil: und der Boden ist matschig und das Gelände wild. Aber unser Mahout ist liebreizend, sehr familiär eingestellt und guter Dinge. Wir halten extra an und er fotografiert uns zusammen. DER STEIGT DOCH TATSÄCHLICH AB, GIBT MIR DIESEN LENKSTAB IN DIE HAND (WAS SOLL ICH DAMIT) UND LÄSST UNS ALLEIN AUF SEINEM ELEFANTEN SITZEN, während er uns fotografiert. HILFE!
Dafür gucke ich dann noch ziemlich freundlich und entspannt.
Den Elefanten geht es gut. So scheint es mir. Sie dürfen nicht allein frei herumlaufen, aber sie haben es auf jeden Fall viel besser als in jedem Zoo der Welt, sie haben ihren Bezugsmahout der Tag und Nacht für sie da ist. UND : sie haben eine Aufgabe! Der Tarifvertrag wird eingehalten, ein pünktlicher Feierabend ist (trotz uns) garantiert. Sie werden bespaßt, geduscht, liebkost und dürfen im Fluss herumtollen. Die Mahouts leben mit ihren Familien auf dem Gelände. Ein bisschen wie Zirkusfamilien, allerdings in Thaihütten, nicht in Wohnwagen. Auf dem Rückweg sehen wir einen Mahout mit seinem Elefanten nach Hause reiten. Nicht alle wohnen scheinbar auf dem Gelände. Es ist sicher nicht das Paradies, die Kette am Fuß als Fessel und zu unserer Sicherheit. Aber für die Situation ist es keine schlechte Lösung. Wir haben nicht das Gefühl Zeugen von Tierquälerei zu sein, auch wenn dieses Camp zum Spaß der Touristen dient. Anders als bei der Schlangenfarm, wo zu 100% Elend herrschte, sind wir hier ganz zuversichtlich.



Kleiner Exkurs über die Situation der Thai Elefanten:
Der Elefant ist das Wappentier Thailands. Das Nationaltier. Thailand verdankt den Elefanten viel. Sie haben für das Land im Krieg gekämpft und Häuser und Paläste gebaut. Die thailändischen Könige waren berühmt dafür höchstselbst auf einem Elefanten in die Schlacht zu reiten. Noch heute gilt ein weißer Elefant automatisch als Eigentum des Königs.
Anfang des 18. Jahrhunderts waren noch 18.000 Elefanten in der thailändischen Armee und rund 150.000 in freier Wildbahn.
Heute leben noch ca. 700 Elefanten in den Nationalparks in "Freiheit".
Die Arbeitselefanten sind inzwischen arbeitslos, haben ausgedient. Niemand braucht sie mehr.
Kriege werden heute anders geführt. Maschinen haben ihre Funktion im Bau übernommen, die Wälder sind gerodet. Als Arbeitstier im Dschungel war der Elefant unersetzlich, doch durch die Zerstörung der Teakwälder im Norden und die Regenwälder im Süden des Landes, ist auch der Lebensraum der Tiere unwiederbringlich verloren. Als Arbeitstier hat er ausgedient. Seit 1989 ist der Holzeinschlag verboten. Es gibt ein Wiederaufforstungsprogramm. Doch wohin mit den Elefanten?
Ein Arbeitselefant wird bis zu 70 Jahre alt, sein Arbeitsleben dauert etwa 50 Jahre. Nach thailändischem Recht muss ein Arbeitselefant mit 61 Jahren ausgemustert und in die Freiheit entlassen werden. Aber in welche Freiheit?
Pro Tag benötigt das Tier 200 Kg Futter und verursacht Kosten in Höhe von ca. 1000 US-Dollar im Monat. Das ist der durchschnittliche monatliche Lohn eines Thai der oberen Mittelschicht.
Über den Verbleib der verbliebenen 3500 zahmen Elefanten gibt es natürlich verschiedene Ansichten.
Die eine Meinung ist, dass alle Elefanten wieder ausgegliedert werden müssen in die freie Wildbahn oder in wildbahnähnliche Schutzgebiete. Wenn das so einfach wäre. Die Wildnis auf unserem Planeten wird immer kleiner und so gibt es die andere Meinung, die die Weiterbeschäftigung und den Einsatz der Dickhäuter in seriösen Camps und Homestayprogrammen für akzeptabel und richtig hält.
Der Einsatz als Touristenattraktion sichert den Elefanten und ihren Mahouts mit ihren Familien gute Lebens- und Arbeitsbedingungen. Ohne die Camps bliebe für viele von ihnen nur ein Bettlerleben. Es ist erst einige Jahre her, dass das Betteln von Elefanten und ihren Mahouts in Bangkok verboten worden ist.
Zudem bleibt so die jahrhundertelange Kunst des Elefantentrainings noch ein bisschen erhalten.
Die Elefanten, die den Umgang mit Menschen gewöhnt sind, langweilen sich, wenn sie nicht beschäftigt werden. Die Leichtigkeit mit der die Mahouts ihre Tiere dirigieren täuscht aber. Es ist nicht mehr und nicht weniger als eine Lebensaufgabe. Jeder Arbeitselefant lernt seinen Mahout als Kind kennen und wird von ihm ausgebildet (oft von Vater und Sohn). Der Elefant gehorcht auf's Wort. Mithilfe eines Metallhakens mit dem bei Ungehorsam ein Hieb versetzt werden kann, erzieht der Mahout sein Tier. (Wir haben diese Haken gesehen, aber niemanden der ihn eingesetzt hätte. Jeder Reiter weiss, dass die Gerte kein dauerhaft wirksames "Erziehungsmittel" sein kann und zumindest in dem von uns besuchten Camp, war das auch so.)
Jeder Elefant hat also seine "Bezugsperson", die mit ihm zusammenlebt und arbeitet. Die Mahouts kümmern sich bis zu deren Tod um die Tiere.
In den Touristencamps kann man auf den Tieren reiten und sie führen "Kunststücke" vor. Sie spielen Fußball und malen Bilder, mit an den Rüssel gebundenen Pinseln, die der Tourist hinterher erwerben kann. Manchmal werden auch die Elefanten angemalt. Den Tieren ist es egal, ob sie mit Farbe oder Schlamm bespritzt werden. Sie mögen die Berührung. Außerdem gibt es Homestayprogramme . Dort lernt man wie man mit Elefanten lebt und sie versorgt. Natürlich ist das nicht "artgerecht". Aber die Tiere haben eine Aufgabe und sie scheinen sie mit Freude zu tun.
Trotzdem ist dies wahrscheinlich die letzte Generation der Mahouts. Es ist ein gefährlicher Beruf, mit dem man kein Geld verdienen kann. Die Kinder und Kindeskinder dieser Elefanten werden dann anders leben. Hoffentlich noch besser.
Damit von Wilderern kein "Nachwuchs" von freien Elefanten gefangen wird, dürfen nach thailändischem Recht nur Elefanten ge- und verkauft, oder transportiert werden, die in Gefangenschaft leben oder aus einer Zucht stammen. Natürlich gibt es Wilderer die dieses Gesetz umgehen. Um dem vorzubeugen haben die seriösen Camps mehrere Mittel. Sie treiben keinerlei Handel mit Elefanten und haben ihre eigene Zucht. Sie stellen den Mahout und seinen Elefanten als Arbeitnehmer ein und kaufen nicht den Elefanten, um so dem Wildhandel Einhalt zu gebieten.
Als Tourist kann ich auf Folgendes achten:
Wie viele Stunden müssen die Elefanten arbeiten? Ein vierstündiger Marsch mit ausreichenden pausen zum Fressen und saufen gilt als angemessenes Training.
Wie viele Erwachsene reiten auf dem Tier. Zusätzlich zu seinem Mahout sollte ein Elefant nicht mehr als 150Kg tragen. Wir dieses Gewicht von zwei Erwachsenen überschritten, sollte man intervenieren.
Gibt es Missbrauchsspuren?
Gibt es einen Tierarzt?
Woher bekommt das Camp seine Elefanten?
Wie sind die Lebensbedingungen? Gibt es genug Schattenplätze, Bademöglichkeiten und Futter?
Wir hatten den Eindruck das bei unserem Besuch alles in bester Ordnung war und haben den Ausflug sehr genossen.
Elefanten machen glücklich. Am Schluss kann ich unseren noch am Rüssel streicheln und wir fahren wieder heim, während er der Dusche oder dem Schlammbad zustrebt.
Nur Mut es geht schon gut!
Eure Tina
Quellen:
"Gebrauchsanweisung für Thailand"; Martin Schacht; Piper Verlag
Reiseführer "Thailand"; Lonely Planet