Mittwoch, 14. November 2012




Kaffee mit Karen. Am Tag nachdem der Container kam, hatten wir die außergewöhnliche Gelegenheit zu den Karen in die Berge zu fahren und dort eine Kaffeeplantage zu besichtigen. Obwohl wir uns natürlich eigentlich lieber in unsere Kisten gestürzt hätten (die Kinder hatten dies längst getan, es sah bei uns aus, als sei eine Playmobilbombe explodiert!), wollten wir nicht absagen.
So oft werden wir diese Gelegenheit, samt privater Führung nicht bekommen. Bin jetzt auch Kaffeeexpertin, aber davon später.
Mit fünf Familien und vier Autos machen wir uns auf den Weg, südlich von Chiangmai hoch in die Berge. Die Abzweigung zum höchsten "Hausberg" der Stadt, dem Doi Inthanon lassen wir rechts liegen und fahren weiter bis....
Die Straße ist gar nicht so schlecht. Ich hatte mir den Weg abenteuerlicher vorgestellt.








Das Bergdorf, in das wir fahren wird von den Karen bewohnt. Und von einer belgischen (?) Missionarsfamilie, die dort die Leitung der Plantage innehat und sich um viele Aspekte der Bauern dort kümmert, hauptsächlich aber eine "Sonntagsschule" betreibt.








Die Karen sind der größte der in Thailand lebenden Bergstämme und sind aus Burma eingewandert.
Sie haben eine eigene Sprache, die, das ist einzigartig für die Bergstämme auch eine Schrift für ihre Sprache haben. Die Karen sind Animisten, ihre ursprüngliche Lebensweise bestand in der "wandernden Landwirtschaft" Wenn die Felder keinen Ertrag mehr gaben, zogen sie weiter, rodeten Wälder und legten neue Felder an. Bei Fortführug dieser Tradition, gäbe es vermutlich längst keine Wälder mehr im Norden Thailands. Die Regierung zusammen mit der königlichen Familie bemüht sich darum den Karen Alternativen aufzuzeigen um den Raubbau an den Wäldern zu beenden. Früher lebten die Karen auch gut vom Mohnanbau und betrieben regen Opiumhandel mit China, aber das geht ja nun nicht mehr. Obwohl es hoch oben noch Anbaugebiete geben soll.








Wie ihr auf den Bildern vielleicht erkennen könnt, sind die traditionellen Häuser auf Pfählen und aus Holz oder Bambus gebaut. Es gibt aber auch Steinhäuser, der zu Wohlstand gekommenen Dörfler. Ob diese in diesen klimatischen Bedingungen die besseren Häuser sind, sei dahingestellt. Teilweise. Gegen die Hitze sind die Holzhäuser besser, aber in den Bergen wirde es auch sehr kalt. Die offene Feuerstelle gibt es in den Steinhäusern aber nicht, ebenso wenig eine Heizung. Wer soll das bezahlen?


Das Leben findet in der Hauptsache auf der überdachten Veranda statt. Dort essen wir auch nachdem wir angekommen sind bei der Missionarin M.
Ganz Thaistyle serviert sie uns das Essen auf Bambustabletts und wir setzen uns auf den Boden. Der neue Praktikant oder whatever aus Europa setzt sich aber leider nicht Thaistyle in die Hocke oder den "Meerjungfrauensitz", wie es sich auch im Tempel vor dem Bildnis des Buddhas gehören würde, sondern mit seinen ungewaschenen Stinkefüßen direkt neben den Reis. Das finde ich so eklig. Aber er ist erst eine Woche da. Dieser Farang!








Unser erster Besuch in den Bergen ist wirklich restlos beeindruckend. Die alten Holzhäuser zu sehen, neben den neuen und die Dörfler ist sehr interessant!







Bei diesem Gefäß handelt es sich um einen mit Wasser gefüllten Tontopf, mit Schöpfkelle daneben. Früher vor jedem Thaihaus aufgestellt, zur Erfrischung der Reisenden und Gäste. In dem Tongefäß bleibt das Wasser sauber und kühl. Grossartig!


Auf der Terasse von M. ist ein Webstuhl angebracht. Als solcher gar nicht so schnell zu erkennen, weil er so unglaublich unauffällig und praktisch am Geländer angebracht ist. Die Karenfrau zeigt mir freundlicherweise, wie sie es macht. Sie setzt sich auf den Boden, spannt sich selbst in so eine Art Geschirr, damit sie Halt hat am unteren Rücken und stützt sich auch mit den Füssen gegen einen Widerstand. So gewissermaßen selbst eingeschirrt, beginnt sie die unglaublich dünnen Fäden mit den Schiffchen hin und her zu lenken.










Das Stück an dem sie gerade arbeitet hat noch keinen Käufer. Jetzt hat es einen. Es wird mich, wenn es fertig ist umgerechnet 10 Euro kosten, was mir lächerlich wenig vorkommt. Doch ich muss mich auf M. verlassen. Für jetzt und hier ist das vermutlich ein fairer Preis und für die Karenfrau ist es wichtig überhaupt zu verkaufen. Außerdem kaufen wir noch Bioerdnußbutter und Marmelade.
Wenn man das in Deutschland verkaufen könnte! Es schmeckt so gut. Aber dafür ist die Produktion zu klein und die Transportwege zu weit. Wir kaufen von nun an auf Bestellung, Kaffee, Erdnussmus und Marmelade. Die befreundete Missionarin bringt uns die Sachen mit. Einmal die Woche fährt sie in das Bergdorf.

Hier könnt ihr sehen, wie M. lebt. In ihrem Haus verbinden sich die Segnungen der Zivilisation (Kühlschrank und Herd) mit der traditionellen Feuerstelle.



Die "gute Stube"



Küche und Spüle außerhalb des Hauses, wie üblich



Ein grosses Problem der Bergbauern ist, das sie abgeschnitten von den Städten ein einfaches, ländliches Leben führen müssen, wenn sie in ihrem Lebensraum bleiben wollen. Gleichzeitig ernährt es sie nur schlecht und durch das Fernsehen, das viele haben (kein Haus ohne Satellitenschüssel !), sehen sie all die materiellen Dinge, zu denen sie überhaupt keinen Zugang haben. Das schürt Unzufriedenheit. Viele gehen in die Stadt, zum arbeiten, wo sie gnadenlos ausgenutzt und betrogen werden.











Die Bergstämme sind unter den Thai sehr schlecht angesehen. Unsere Putzfrau warnt uns jedesmal, wenn Arbeiter aus den Bergen im Moobaan sind, wir sollten ja das Haus gut abschließen etc. Es herrschen Mißtrauen und Geringschätzung wie vor annodazumal ( ach,wenn es doch vorbei wäre) gegen Zigeuner. Gleichzeitig und das ist das ganz grosse Dilemma haben die Bergstämme keinen Zugang zu besserer Bildung. Ihre Dorfschulen haben nicht das Niveau das ihnen Zugang zu irgendeiner Form von Weiterbildung ermöglicht. Das Dilemma ist gross. Es wäre besser sie könnten ihr traditionelles Landleben in ihrer gewohnten Umgebung weiterführen. Aber wie können sie Zugang zu Bildung und Auskommen erhalten?
Die Kaffeeplantage ist ein Versuch dieses Dilemma zu lösen. Ich würde gern Werbung machen: Kauft Kaffee x. Aber noch gibt es keinen Vertrieb in Deutschland. Vielleicht bringt die Zukunft Glück und allerbesten Kaffee, wie ich Euch versichern kann!

Mehr über den Kaffe schreibe ich beim nächsten Mal, liebe Freunde.
Nur Mut es geht schon gut
Eure Tina

Mittwoch, 31. Oktober 2012







Schlangen. Mein Sohn kommt nach Hause und erzählt, die Mutter seines Kumpels hätte eine fünfköpfige Schlange mit einem Beil erlegt.
Nun dieser Geschichte muss ich nachgehen. Beim Kirchenkaffee spreche ich sie darauf an. Und wirklich, das Tier hatte zwar keine fünf Köpfe, wenngleich einen. Dafür gehörte dieser eine Kopf aber zur einer Königskobra. Ja, KÖNIGSKOBRA.
Die gibt es hier tatsächlich und in echt. Aber zum Anfang der Geschichte.

Vor einem Monat haben wir in den Bergen direkt vor Changmai, in Mae Rim, etwa eine Stunde Fahrt, eine Schlangenfarm besucht. Das war wirklich gruselig, aber nicht wegen der Tiere.
Es ist alles dreckig und nur sehr wenige Leute haben sich dorthin verirrt. Wir gehen durch einen dschungelartigen Garten (alles drumherum ist Dschungel) an verschiedenen Käfigen mit verrosteten, teilweise nicht geschlossenen Vorhangschlössern entlang (!) und besichtigen verschiedene Schlangen, Krokodile,Vögel, etc.. Das Futter wird gleich mit ausgestellt hat man den Eindruck.




 Dann beginnt die "Show". Die läuft alle 10 Minuten (gefühlt) und findet auch nur für zwei Leute statt. Routiniert und extra schnell wird eine Moderation auf englisch heruntergespult und drei Akteure in Thaihosen und nacktem Oberkörper führen uns ihre Schlangenbeschwörung vor. Ein Höhepunkt jagt den nächsten (das ist ironisch gemeint).
Jeder der Anwesenden kann sich mit einer grossen Würgeschlange um den Hals fotografieren lassen und darf diese küssen. Zwei Kobras werden vorgeführt und die kleinere hat sogar noch ihre Giftzähne, wie man uns anhand einer Becherprobe beweist. Zum absoluten Entsetzen meiner kleinen Tochter kommt auch noch das Highlight mit der Gummischlange, die ins Publikum geworfen wird, "the jumping snake"! Wir hatten unsere Kinder extra vorgewarnt, aber wenn es dann passiert ist es doch blöd.
Am Besten finde ich folgendes Schild.





Wir sind bedient und suchen unser Heil ein paar Meter weiter in der Orchideenfarm: Ruhe. Frieden. Wunderschöne Blumen. Ach, endlich.








Zwei Wochen später höre ich in der Schule alle Schlangenfarmen auf Mae Rim seien von der Polizei geschlossen worden, wegen unerlaubten Wildtierhaltens und - handelns. Die haben sich ihre Tiere wirklich in den hauseigenen Bergen gefangen und dort mehr schlecht als recht gehalten.









So komme ich zur Geschichte der Fünfköpfigenschlangenmörderin!
Die Familie lebte damals noch in Chiang Rai, einer kleineren Stadt im ländlichen Gebiet nahe der Grenze. Dort hatten sie einen Garten und eigenen Acker den unsere Heldin (das ist nicht ironisch gemeint) routiniert mit der Hacke bewirtschaftete. Sie sah das Tier auf dem Boden liegen und weil es so gross war, fragte sie zur Sicherheit ein paar Thaijungs um Rat. Uihh ja, bestätigten diese, das sei wirklich eine Kobra! Von den Jungens wollte keiner die Schlange töten, also ging Muttern erst einmal die Gartenhacke holen, schlich sich von hinten an (von vorne wäre es nicht gegangen. Wenn die Schlange sich bereits angegriffen gefühlt und aufgestellt hätte, hätte nur noch eins geholfen:  die Beine in die Hand nehmen: "take a picture and ruuuun!!!!!").


Sie erledigte das Tier mit zwei geübten Schlägen. Den Kopf haben sie vergraben, damit die Hunde sich nicht vergiften und den Körper hat sie den Jungs mitgegeben, der kam zuhause in die Suppe.
Das Landleben eben.
Auf so eine grosse Giftschlange zu stossen ist außerhalb der Berge wirklich unwahrscheinlich. Und bei uns im Moobaan ohnehin. Bei uns gibt es keine wilden Freiflächen oder Reisfelder. Hätten wir ein Grundstück am Rand, sähe es schon wieder anders aus, aber wir leben (und das mit voller Absicht) in der Mitte. Aber in den anderen Moobaaans, die ein bisschen wilder und ursprünglicher bewachsen sind, gibt es häufiger Schlangen. Aber seltener die giftigen.
Toll, oder? Das sind doch mal Themen beim Kirchenkaffee!






Nur Mut es geht schon gut!
Eure Tina

Sonntag, 21. Oktober 2012





Im Moment passiert irgendwie alles gleichzeitig! So komme ich gar nicht mehr an den Computer. Der Container ist da. Kaum zu glauben.
Als mir aus der xten Kiste endlich mein Wasserkocher entgegenkam, habe ich ihn geküsst. Nicht so wie der Papst den Boden. Richtig, mit Gefühl. Wange an Wange standen wir noch ein bisschen in der Küche.
Wieder eine komische Geschichte. So ein seltsamer Gefühlszustand. Obwohl wir so gewartet hatten, konnte ich mir kurz bevor es dann wirklich passierte, nicht mehr vorstellen, dass er tatsächlich kommt. Trotz der Zollliste wussten wir auch gar nicht mehr, was wir an Möbeln verschifft hatten. Es hieß dann immer Kommode? Welche Kommode, soviele hatten wir doch gar nicht! Am Ende haben wir  dann alles wieder erkannt.
Am Donnerstag sollte unser Container kommen. Am Mittwochnachmittag rollt in unsere Strasse ein Lkw mit Container und hält genau vor unserem Haus! Das ist in den ganzen drei Monaten noch nicht passiert, dass hier irgendjemand irgendetwas geliefert bekommt und dann direkt bei uns! Ich habe erstmal nach meinem Mann gerufen:" J. komm mal schnell!"
Leichte Panik machte sich breit. Wir hatten nämlich gar keine Zeit. Wir mussten gleich weg.
Die Lieferanten guckten schon ganz belustigt und winkten uns freundlich, die wir da an der Scheibe klebten! Aber sie zeigten auf unseren Nachbarn und J. sagte, nein das ist kein Überseecontainer, der da hat eine Seitentür. Was für eine Aufregung!
Am Tag der Tage kam dann erstmal unser Vermieter mit seinen Leuten, um seine Möbel abzuholen, damit wir für unsere Kommoden (?!) Platz hätten. Der ist noch nicht vom Hof, da kommen sie endlich!  Fahren rückwärts in unsere Einfahrt, knapp an der Mauer vorbei, während unser Vermieter daneben steht. Ohne Worte.








Dann geht es los Kiste für Kiste, Möbel für Möbel. Beim Rumräumen sehe ich eine Spur, die ich für Schmutz halte, aber mein Vermieter erkennt den Weg gleich richtig: eine Termitenstraße! Davon dann beim nächstenmal.



Einerseits freut man sich total, andrerseits wird es damit  zur Gewissheit: man kann nicht mehr so tun, als wäre man nur in einem zu lang geratenen Urlaub. Wenn sogar schon meine Sachen jetzt alle hier sind. Dadurch wird es so real, dass wir jetzt für drei Jahre bleiben. Das ist nicht nur ein schönes Gefühl. Das ist so wie Vieles an diesem Abenteuer restlos zwiespältig. In den folgenden Tagen packe ich dann den ganzen Kram wieder aus und denke schon daran, dass ich in drei Jahren alles wieder einpacken muss. Wie schaffen dass die Bundeswehr-, Missionarsfrauen, Diplomatinnengattinnen etc. Wie schaffen die das alles? Chapeau meine Damen! Schwestern im Haushalt und im Geiste. Möge der Humor immer mit euch sein.




Darauf den ersten richtigen Latte Macchiato!

Nur Mut es geht schon gut!
Eure Tina

Dienstag, 9. Oktober 2012

Es sind Ferien! Unfassbar aber wahr, wir haben schon die erste "Etappe" erreicht. Die Herbstferien. Eine Woche Freizeit und immer noch fühlt sich alles an, wie ein zu lang geratener Urlaub. Jeder steuert zwei Ferienwünsche bei, was denn alles unternommen werden soll. Die Kinder wollen zum Pool (ach ja, schon wieder! und mit der ganzen Familie Ball spielen- gerne!). Fünf Personen wollen in drei verschiedene Restaurants! Da müssen wir uns schon ranhalten, bei nur sieben Tagen, die uns zur Verfügung stehen. Ich möchte zum Ban Tawei, ein touristisches Dorf für Kunsthandwerk und Nippes. Die Touristen sind ja noch nicht da, deshalb ist es leer als wir diesen Ausflug schaffen.







Thaigartenzwerg


Die Kinder maulen, ich bin ein bisschen unbefriedigt: ich finde kein Schuhregal! Stattdessen kaufen wir für M. Holzblumen ( sehr europäisch) und für L. und den Rest zwei Tibetliegenpolster (keine Ahnung, wie die Dinger heißen, dreieckig und sehr genial bequem).
Danach wagen wir uns in ein echtes Thairestaurant, wo wir (Huch) zum ersten Mal nicht so freundlich willkommen geheißen werden. Anscheinend stören wir. Dabei bestellen wir artig echtes Thaiessen, nur eben nicht so scharf, aber man darf ja nicht verschweigen, dass die Thaikinder auch nicht vom ersten Babyschrei an scharf essen, sondern sich bis zum Grundschulalter hauptsächlich von Süßigkeiten und Klebreis ernähren und dann erst langsam beginnen, das scharfe Essen ihrer Eltern zu teilen. Also. Was machen wir falsch? Wir wissen es nicht und werden es wohl auch nicht erfahren. Außer M., die klein und niedlich ist kommt keiner so richtig gut an.
Hallo, wir sind doch keine doofen Touristen, ich spreche doch sogar schon ein bisschen Thai! Sogar schreiben und lesen lerne ich jetzt, seht her :





Das ist so toll! Ich male die Buchstaben, mit heraushängender Zunge, meine Lehrerin lacht sich halbtot und jetzt weiss ich, wie sich mein Sohn in der zweiten Klasse fühlt, während er die "Schulausgangsschrift" bewältigt. Ein bisschen wie ein Ufo im Nachtflug. Aber herrlich, schaurig schön! Es macht wirklich Spaß mit diesen Kringeln zu kämpfen, die sich auch noch teilweise erschreckend ähneln, aber natürlich wie beim Sprechen auch, grundverschiedene Dinge bedeuten.
Bevor ich mich diesen Aufgaben stellen muss, bekomme ich immer einen Cappuccino! Nett nicht!





Das Beste zum Schluß:
Der Ferienwunsch von H. ist: endlich zur Elefantenfarm! Kein Problem. Wir muckeln lange rum, weil das Wetter nicht gut genug ist, aber wenn nicht heute, wann dann? Also los. Eine gute Stunde Fahrt quer durch die Stadt und den Berg hoch und dann sind wir da: Geschlossen.

Nein, nicht ganz geschlossen. Ein einsamer Elefant reitet noch- Quatsch.

Für die "Show" die ganz nett sein soll, sind wir zu spät (mittags um 14:00 Uhr), aber wir können noch eine halbe Stunde reiten? Wollten wir das überhaupt? Besonders ich, die doch immer noch Probleme mit dem Fuß hat, nachdem ich letztes Jahr vom Pferd fallen musste? Wenn der Elefant durchgeht? Was breche ich mir dieses Mal? Zum Überlegen kommen wir gar nicht. Eine sehr nette, ein bisschen resolute Thailänderin ( Touristguide? ) schleppt uns rein und organisiert schnell für uns noch eine halbe Stunde. Wir natürlich gleich wieder mißtrauisch, will die jetzt Geld, schleppt die uns woanders hin? Aber wir sind hier nicht in Bangkok! Sie ist einfach nur sehr nett und wir steigen auf zwei Elefanten! Das ist schon mal gut, Elefanten sollen nämlich gar nicht so schwer tragen s.u..







Es ist wirklich schön und zwischendurch etwas furchterregend. Dieses Tier ist so hoch! Und schaukelt! Und wenn es bergab geht, dann aber steil: und der Boden ist matschig und das Gelände wild. Aber unser Mahout ist liebreizend, sehr familiär eingestellt und guter Dinge. Wir halten extra an und er fotografiert uns zusammen. DER STEIGT DOCH TATSÄCHLICH AB, GIBT MIR DIESEN LENKSTAB IN DIE HAND (WAS SOLL ICH DAMIT) UND LÄSST UNS ALLEIN AUF SEINEM ELEFANTEN SITZEN, während er uns fotografiert. HILFE!
Dafür gucke ich dann noch ziemlich freundlich und entspannt.

Den Elefanten geht es gut. So scheint es mir. Sie dürfen nicht allein frei herumlaufen, aber sie haben es auf jeden Fall viel besser als in jedem Zoo der Welt, sie haben ihren Bezugsmahout der Tag und Nacht für sie da ist. UND : sie haben eine Aufgabe! Der Tarifvertrag wird eingehalten, ein pünktlicher Feierabend ist (trotz uns) garantiert. Sie werden bespaßt, geduscht, liebkost und dürfen im Fluss herumtollen. Die Mahouts leben mit ihren Familien auf dem Gelände. Ein bisschen wie Zirkusfamilien, allerdings in Thaihütten, nicht in Wohnwagen. Auf dem Rückweg sehen wir einen Mahout mit seinem Elefanten nach Hause reiten. Nicht alle wohnen scheinbar auf dem Gelände. Es ist sicher nicht das Paradies, die Kette am Fuß als Fessel und zu unserer Sicherheit. Aber für die Situation ist es keine schlechte Lösung. Wir haben nicht das Gefühl Zeugen von Tierquälerei zu sein, auch wenn dieses Camp zum Spaß der Touristen dient. Anders als bei der Schlangenfarm, wo zu 100% Elend herrschte, sind wir hier ganz zuversichtlich.







Kleiner Exkurs über die Situation der Thai Elefanten:

Der Elefant ist das Wappentier Thailands. Das Nationaltier. Thailand verdankt den Elefanten viel. Sie haben für das Land im Krieg gekämpft und Häuser und Paläste gebaut. Die thailändischen Könige waren berühmt dafür höchstselbst auf einem Elefanten in die Schlacht zu reiten. Noch heute gilt ein weißer Elefant automatisch als Eigentum des Königs. 
Anfang des 18. Jahrhunderts waren noch 18.000 Elefanten in der thailändischen Armee und rund 150.000 in freier Wildbahn.
Heute leben noch ca. 700 Elefanten in den Nationalparks in "Freiheit". 
Die Arbeitselefanten sind inzwischen arbeitslos, haben ausgedient. Niemand braucht sie mehr.
Kriege werden heute anders geführt. Maschinen haben ihre Funktion im Bau übernommen, die Wälder sind gerodet. Als Arbeitstier im Dschungel war der Elefant unersetzlich, doch durch die Zerstörung der Teakwälder im Norden und die Regenwälder im Süden des Landes, ist auch der Lebensraum der Tiere unwiederbringlich verloren. Als Arbeitstier hat er ausgedient. Seit 1989 ist der Holzeinschlag verboten. Es gibt ein Wiederaufforstungsprogramm. Doch wohin mit den Elefanten?

Ein Arbeitselefant wird bis zu 70 Jahre alt, sein Arbeitsleben dauert etwa 50 Jahre. Nach thailändischem Recht muss ein Arbeitselefant mit 61 Jahren ausgemustert und in die Freiheit entlassen werden. Aber in welche Freiheit?
Pro Tag benötigt das Tier 200 Kg Futter und verursacht Kosten in Höhe von ca. 1000 US-Dollar im Monat. Das ist der durchschnittliche monatliche Lohn eines Thai der oberen Mittelschicht.

Über den Verbleib der verbliebenen 3500 zahmen Elefanten gibt es natürlich verschiedene Ansichten.
Die eine Meinung ist, dass alle Elefanten wieder ausgegliedert werden müssen in die freie Wildbahn oder in wildbahnähnliche Schutzgebiete. Wenn das so einfach wäre. Die Wildnis auf unserem Planeten wird immer kleiner und so gibt es die andere Meinung, die die Weiterbeschäftigung und den Einsatz der Dickhäuter in seriösen Camps und Homestayprogrammen für akzeptabel und richtig hält.
Der Einsatz als Touristenattraktion sichert den Elefanten und ihren Mahouts mit ihren Familien gute Lebens- und Arbeitsbedingungen. Ohne die Camps bliebe für viele von ihnen nur ein Bettlerleben. Es ist erst einige Jahre her, dass das Betteln von Elefanten und ihren Mahouts in Bangkok verboten worden ist.
Zudem bleibt so die jahrhundertelange Kunst des Elefantentrainings noch ein bisschen erhalten.

Die Elefanten, die den Umgang mit Menschen gewöhnt sind, langweilen sich, wenn sie nicht beschäftigt werden. Die Leichtigkeit mit der die Mahouts ihre Tiere dirigieren täuscht aber. Es ist nicht mehr und nicht weniger als eine Lebensaufgabe. Jeder Arbeitselefant lernt seinen Mahout als Kind kennen und wird von ihm ausgebildet (oft von Vater und Sohn). Der Elefant gehorcht auf's Wort. Mithilfe eines Metallhakens mit dem bei Ungehorsam ein Hieb versetzt werden kann, erzieht der Mahout sein Tier. (Wir haben diese Haken gesehen, aber niemanden der ihn eingesetzt hätte. Jeder Reiter weiss, dass die Gerte kein dauerhaft wirksames "Erziehungsmittel" sein kann und zumindest in dem von uns besuchten Camp, war das auch so.)
Jeder Elefant hat also seine "Bezugsperson", die mit ihm zusammenlebt und arbeitet. Die Mahouts kümmern sich bis zu deren Tod um die Tiere.
In den Touristencamps kann man auf den Tieren reiten und sie führen "Kunststücke" vor. Sie spielen Fußball und malen Bilder, mit an den Rüssel gebundenen Pinseln, die der Tourist hinterher erwerben kann. Manchmal werden auch die Elefanten angemalt. Den Tieren ist es egal, ob sie mit Farbe oder Schlamm bespritzt werden. Sie mögen die Berührung. Außerdem gibt es Homestayprogramme . Dort lernt man wie man mit Elefanten lebt und sie versorgt. Natürlich ist das nicht "artgerecht". Aber die Tiere haben eine Aufgabe  und sie scheinen sie mit Freude zu tun.
Trotzdem ist dies wahrscheinlich die letzte Generation der Mahouts. Es ist ein gefährlicher Beruf, mit dem man kein Geld verdienen kann. Die Kinder und Kindeskinder dieser Elefanten werden dann anders leben. Hoffentlich noch besser.

Damit von Wilderern kein "Nachwuchs" von freien Elefanten gefangen wird, dürfen nach thailändischem Recht nur Elefanten ge- und verkauft, oder transportiert werden, die in Gefangenschaft leben oder aus einer Zucht stammen. Natürlich gibt es Wilderer die dieses Gesetz umgehen. Um dem vorzubeugen haben die seriösen Camps mehrere Mittel. Sie treiben keinerlei Handel mit Elefanten und haben ihre eigene Zucht. Sie stellen den Mahout und seinen Elefanten als Arbeitnehmer ein und kaufen nicht den Elefanten, um so dem Wildhandel Einhalt zu gebieten.


Als Tourist kann ich auf Folgendes achten:

Wie viele Stunden müssen die Elefanten arbeiten? Ein vierstündiger Marsch mit ausreichenden pausen zum Fressen und saufen gilt als angemessenes Training.
Wie viele Erwachsene reiten auf dem Tier. Zusätzlich zu seinem Mahout sollte ein Elefant nicht mehr als 150Kg tragen. Wir dieses Gewicht von zwei Erwachsenen überschritten, sollte man intervenieren.
Gibt es Missbrauchsspuren?
Gibt es einen Tierarzt? 
Woher bekommt das Camp seine Elefanten?
Wie sind die Lebensbedingungen? Gibt es genug Schattenplätze, Bademöglichkeiten und Futter?

Wir hatten den Eindruck das bei unserem Besuch alles in bester Ordnung war und haben den Ausflug sehr genossen.






Elefanten machen glücklich. Am Schluss kann ich unseren noch am Rüssel streicheln und wir fahren wieder heim, während er der Dusche oder dem Schlammbad zustrebt.
Nur Mut es geht schon gut!
Eure Tina



Quellen:
"Gebrauchsanweisung für Thailand"; Martin Schacht; Piper Verlag
Reiseführer "Thailand"; Lonely Planet