Mittwoch, 28. November 2012




Jetzt ist es passiert. Wie gesagt, die Stromrechnung kommt hier ziemlich unkonventionell ohne Umschlag daher. Unser unkonventioneller Postbote (immer auf dem Motorrad, niemals absteigend!) hat diesen Zettel nicht in den Briefkasten, sondern in so ein kleines Plastikteil darüber geschmissen, worauf der Zettel, sprich unsere Stromrechnung davonflog. Ich habe das sogar noch gesehen, mir aber nichts Böses dabei gedacht, weil ich den Zettel für Werbung hielt. Inzwischen habe ich gelernt, das dieses kleine Plastikkästchen extra und ausschließlich für den Stromzettel dort hängt. Leider ist unser Kästchen defekt und schließt nicht mehr.
So weit so schlecht. Langsam wurden wir nervös und heute Morgen bat ich meine Thailehrerin für mich beim "Stromamt" anzurufen, um zu fragen, wie wir jetzt unsere Rechnung bezahlen können. In letzter Minute! Morgen hätten sie uns den Strom abgestellt!




Ich fahre ganz schnell nach dem Unterricht nach Hause, weil dort ein Handwerker zu erwarten war.
Ich muss schon sagen, das klappt wirklich super. Wir haben einen ganz tollen Vermieter, der sofort handelt, wenn irgendwie ein kleines Problem auftritt. Direkt nach den Termiten kommt die Pestcontrol und sprüht erneut Gift (na toll!) und wenn die Leitung tropft kommt auch am nächsten Tag der Handwerker ("my people, you can trust!") Ob die Probleme dann wirklich wirkungsvoll beseitigt werden können, steht ja auf einem anderen Blatt (Termiten) aber der gute Wille ist auf jeden Fall da!
Ich frage meinen Vermieter  wo das Elektrizitätsamt ist. Auf dem Weg nach Ban Tawei auf der rechten Seite, weißes Haus, thailändische Nationalflagge...
Das müsste doch zu finden sein.

Nachdem der Handwerker weg ist, düse ich also gleich wieder los und suche die Behörde.
Zuerst halte ich aber an einer Art Firma: weisses Haus, rechte Seite, Nationalflagge. Aber zu früh!
Der nette Pförtner weist mir den Weg als ich ihm die Rechnung zeige (eine alte). Zum Glück bekommen wir alle die gleiche Stromrechnung, so dass er sie sofort erkennt und versteht wo ich hin möchte.
Zum Glück habe ich die Vokabeln: "Kreuzung", "links abbiegen" und "geradeaus" schon gelernt!
Ich fahre also weiter und da kommt noch ein weisses Gebäude mit vielen Flaggen. Und vorne steht es sogar drauf!




Ich bin so glücklich! Da gerade Mittagspause ist, habe ich den ganzen Parkplatz für mich (überlege kurz ob ich mich zur Feier des Tages quer stellen soll) und betrete beschwingten Schrittes das Amt. Der Innenraum ist im Prinzip unserem Bürgeramt nicht unähnlich, aber kleiner und viel schöner!



Es gibt einen wunderschönen Holztresen mit Spiegelsäulen zwischen den fünf Schaltern. Von denen ist leider nur einer geöffnet. Als ich den Raum betrete und eine Nummer ziehe, ist gerade Nr. 308 an der Reihe. Ich ziehe die 316 und setze mich. Die Stühle sind blau und an der Decke hängen lauter kleine rote Lampions. Man hat also in den Nationalfarben dekoriert. Die Schilder an den Schaltern leuchten freundlich in einem warmen Gelb und über allen hängen die obligatorischen Portraits von König und Königin. Man wartet geduldig, aber das gehört sich ja auch so, wenn die Monarchen auf einen nieder blicken. Der König guckt wie immer relativ streng und die Königin ist wie immer eine sehr schöne Frau. Beide Bilder sind eher aus jüngeren Tagen des Paares.




12 Uhr 45, es öffnet ein zweiter Schalter, juchhe!
Die Sachbearbeiter tragen alle lila Shirts und die Beschriftung an den Glasscheiben ist auch unvermeidlich lila. Dieses Lila kenne ich schon von der Führerscheinstelle. Das ist sozusagen "lila von Amts wegen".



kein offizielles Gebäude ohne Elefanten!

Auf dem Bildschirm erscheint die 312. Jetzt geht es wirklich schnell. Die lila Shirts kommen aus der Mittagspause zurück und schon nach 9 Minuten Wartezeit komme ich dran. Ich bin wirklich sehr aufgeregt. Aber in Thailand fängt nicht so leicht ein Sachbearbeiter an mit acht Armen zu wedeln, nur weil so ein Farang seine Rechnung verloren hat. Ich werde sehr freundlich behandelt, zahle unkompliziert (die Rechnung heute Morgen im Backshop war übrigens ein Drittel höher als die Stromrechnung für den ganzen November!) und schwups bin ich draussen und mache noch ein paar Fotos für Euch!





Nur Mut es geht schon gut!
Eure Tina



Mittwoch, 14. November 2012




Kaffee mit Karen. Am Tag nachdem der Container kam, hatten wir die außergewöhnliche Gelegenheit zu den Karen in die Berge zu fahren und dort eine Kaffeeplantage zu besichtigen. Obwohl wir uns natürlich eigentlich lieber in unsere Kisten gestürzt hätten (die Kinder hatten dies längst getan, es sah bei uns aus, als sei eine Playmobilbombe explodiert!), wollten wir nicht absagen.
So oft werden wir diese Gelegenheit, samt privater Führung nicht bekommen. Bin jetzt auch Kaffeeexpertin, aber davon später.
Mit fünf Familien und vier Autos machen wir uns auf den Weg, südlich von Chiangmai hoch in die Berge. Die Abzweigung zum höchsten "Hausberg" der Stadt, dem Doi Inthanon lassen wir rechts liegen und fahren weiter bis....
Die Straße ist gar nicht so schlecht. Ich hatte mir den Weg abenteuerlicher vorgestellt.








Das Bergdorf, in das wir fahren wird von den Karen bewohnt. Und von einer belgischen (?) Missionarsfamilie, die dort die Leitung der Plantage innehat und sich um viele Aspekte der Bauern dort kümmert, hauptsächlich aber eine "Sonntagsschule" betreibt.








Die Karen sind der größte der in Thailand lebenden Bergstämme und sind aus Burma eingewandert.
Sie haben eine eigene Sprache, die, das ist einzigartig für die Bergstämme auch eine Schrift für ihre Sprache haben. Die Karen sind Animisten, ihre ursprüngliche Lebensweise bestand in der "wandernden Landwirtschaft" Wenn die Felder keinen Ertrag mehr gaben, zogen sie weiter, rodeten Wälder und legten neue Felder an. Bei Fortführug dieser Tradition, gäbe es vermutlich längst keine Wälder mehr im Norden Thailands. Die Regierung zusammen mit der königlichen Familie bemüht sich darum den Karen Alternativen aufzuzeigen um den Raubbau an den Wäldern zu beenden. Früher lebten die Karen auch gut vom Mohnanbau und betrieben regen Opiumhandel mit China, aber das geht ja nun nicht mehr. Obwohl es hoch oben noch Anbaugebiete geben soll.








Wie ihr auf den Bildern vielleicht erkennen könnt, sind die traditionellen Häuser auf Pfählen und aus Holz oder Bambus gebaut. Es gibt aber auch Steinhäuser, der zu Wohlstand gekommenen Dörfler. Ob diese in diesen klimatischen Bedingungen die besseren Häuser sind, sei dahingestellt. Teilweise. Gegen die Hitze sind die Holzhäuser besser, aber in den Bergen wirde es auch sehr kalt. Die offene Feuerstelle gibt es in den Steinhäusern aber nicht, ebenso wenig eine Heizung. Wer soll das bezahlen?


Das Leben findet in der Hauptsache auf der überdachten Veranda statt. Dort essen wir auch nachdem wir angekommen sind bei der Missionarin M.
Ganz Thaistyle serviert sie uns das Essen auf Bambustabletts und wir setzen uns auf den Boden. Der neue Praktikant oder whatever aus Europa setzt sich aber leider nicht Thaistyle in die Hocke oder den "Meerjungfrauensitz", wie es sich auch im Tempel vor dem Bildnis des Buddhas gehören würde, sondern mit seinen ungewaschenen Stinkefüßen direkt neben den Reis. Das finde ich so eklig. Aber er ist erst eine Woche da. Dieser Farang!








Unser erster Besuch in den Bergen ist wirklich restlos beeindruckend. Die alten Holzhäuser zu sehen, neben den neuen und die Dörfler ist sehr interessant!







Bei diesem Gefäß handelt es sich um einen mit Wasser gefüllten Tontopf, mit Schöpfkelle daneben. Früher vor jedem Thaihaus aufgestellt, zur Erfrischung der Reisenden und Gäste. In dem Tongefäß bleibt das Wasser sauber und kühl. Grossartig!


Auf der Terasse von M. ist ein Webstuhl angebracht. Als solcher gar nicht so schnell zu erkennen, weil er so unglaublich unauffällig und praktisch am Geländer angebracht ist. Die Karenfrau zeigt mir freundlicherweise, wie sie es macht. Sie setzt sich auf den Boden, spannt sich selbst in so eine Art Geschirr, damit sie Halt hat am unteren Rücken und stützt sich auch mit den Füssen gegen einen Widerstand. So gewissermaßen selbst eingeschirrt, beginnt sie die unglaublich dünnen Fäden mit den Schiffchen hin und her zu lenken.










Das Stück an dem sie gerade arbeitet hat noch keinen Käufer. Jetzt hat es einen. Es wird mich, wenn es fertig ist umgerechnet 10 Euro kosten, was mir lächerlich wenig vorkommt. Doch ich muss mich auf M. verlassen. Für jetzt und hier ist das vermutlich ein fairer Preis und für die Karenfrau ist es wichtig überhaupt zu verkaufen. Außerdem kaufen wir noch Bioerdnußbutter und Marmelade.
Wenn man das in Deutschland verkaufen könnte! Es schmeckt so gut. Aber dafür ist die Produktion zu klein und die Transportwege zu weit. Wir kaufen von nun an auf Bestellung, Kaffee, Erdnussmus und Marmelade. Die befreundete Missionarin bringt uns die Sachen mit. Einmal die Woche fährt sie in das Bergdorf.

Hier könnt ihr sehen, wie M. lebt. In ihrem Haus verbinden sich die Segnungen der Zivilisation (Kühlschrank und Herd) mit der traditionellen Feuerstelle.



Die "gute Stube"



Küche und Spüle außerhalb des Hauses, wie üblich



Ein grosses Problem der Bergbauern ist, das sie abgeschnitten von den Städten ein einfaches, ländliches Leben führen müssen, wenn sie in ihrem Lebensraum bleiben wollen. Gleichzeitig ernährt es sie nur schlecht und durch das Fernsehen, das viele haben (kein Haus ohne Satellitenschüssel !), sehen sie all die materiellen Dinge, zu denen sie überhaupt keinen Zugang haben. Das schürt Unzufriedenheit. Viele gehen in die Stadt, zum arbeiten, wo sie gnadenlos ausgenutzt und betrogen werden.











Die Bergstämme sind unter den Thai sehr schlecht angesehen. Unsere Putzfrau warnt uns jedesmal, wenn Arbeiter aus den Bergen im Moobaan sind, wir sollten ja das Haus gut abschließen etc. Es herrschen Mißtrauen und Geringschätzung wie vor annodazumal ( ach,wenn es doch vorbei wäre) gegen Zigeuner. Gleichzeitig und das ist das ganz grosse Dilemma haben die Bergstämme keinen Zugang zu besserer Bildung. Ihre Dorfschulen haben nicht das Niveau das ihnen Zugang zu irgendeiner Form von Weiterbildung ermöglicht. Das Dilemma ist gross. Es wäre besser sie könnten ihr traditionelles Landleben in ihrer gewohnten Umgebung weiterführen. Aber wie können sie Zugang zu Bildung und Auskommen erhalten?
Die Kaffeeplantage ist ein Versuch dieses Dilemma zu lösen. Ich würde gern Werbung machen: Kauft Kaffee x. Aber noch gibt es keinen Vertrieb in Deutschland. Vielleicht bringt die Zukunft Glück und allerbesten Kaffee, wie ich Euch versichern kann!

Mehr über den Kaffe schreibe ich beim nächsten Mal, liebe Freunde.
Nur Mut es geht schon gut
Eure Tina